Interview
Ruedi Reichmuth, Präsident des Verwaltungsrates

«ebs hat die Nach­hal­tig­keit in ih­rer DNA ver­an­kert»

Seit 2006 hat Rue­di Reich­muth als Ver­wal­tungs­rats­prä­si­dent die Stra­te­gie von ebs mass­geb­lich mit­ge­prägt. Nun gibt er das Amt an der Ge­ne­ral­ver­samm­lung En­de April ab – und blickt auf ei­ne Zeit mit viel Wan­del zu­rück und auf kom­men­de Her­aus­for­de­run­gen.

Ruedi Reichmuth, Ihre Amtszeit als Verwaltungsratspräsident der ebs Energie AG fiel in eine Epoche, in welcher die Digitalisierung zusehends alle Bereiche des Alltags und der Gesellschaft erreichte. Wie hat sich dieser Wandel auf ebs ausgewirkt?

ebs hatte schon länger und damit bereits vor 2006 einen zeitgemäss hohen Digitalisierungsgrad. Die Wasserkraftwerke an der Muota konnten schon früh von einer Leitstelle aus digital gesteuert werden. Aber die Digitalisierung hat sich in den letzten 16 Jahren nochmals rasant schneller entwickelt. Dank einer starken, kompetenten IT-Abteilung konnten wir problemlos mithalten und die Entwicklung sinnvoll und unter Einhaltung der Sicherheitsvorgaben für ein regional systemrelevantes Versorgungsunternehmen aktiv mitgestalten.

Was erwarten Sie in Sachen Digitalisierung für die Zukunft? Wie wird sich diese Entwicklung weiter auf ebs auswirken?

Da gibt es zwei Seiten zu beachten: Auf der einen Seite steigen das Bedürfnis nach immer benutzerfreundlicheren IT-Lösungen und damit die Vernetzung einzelner Dienste weiter an. Das können interne Anwendungen sein, aber auch solche mit einer Schnittstelle nach aussen wie das letzte Jahr komplett erneuerte Kundenportal von ebs. Die Einführung des Smart Meters, der beispielsweise das zentrale, tagesaktuelle Auslesen des Stromverbrauchs der Kunden ermöglicht, ist ein gutes Beispiel für die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung.

Neben der Digitalisierung stehen mit der Energiestrategie 2050 und der geplanten vollständigen Öffnung des Strommarktes weitere grosse Herausforderungen für Schweizer Stromunternehmen an.

Absolut. Aber darauf sind wir vorbereitet. Die Ziele der Energiestrategie hat ebs eigentlich seit ihrer Unternehmensgründung tief in ihrer DNA verankert: Die Nutzung der Wasserkraft ist eine der ältesten Art zur Produktion erneuerbarer Energie. Zudem beraten wir seit 15 Jahren unsere Kunden aktiv zum Thema Energiesparen. Mit der Tochterunternehmung ebs Erdgas + Biogas AG bieten wir schon heute CO2-kompensiertes Klimagas und CO2-neutrales Biogas an.

Für Ruedi Reichmuth zeigt das 2021 lancierte Power-to-Gas-Projekt, dass ebs stets nach mehr Nachhaltigkeit strebt.

Mit dem «Power-to-Gas»-Projekt im Wernisberg soll nun ein weiteres Element einer möglichst nachhaltigen Energieversorgung dazukommen.

Ja. Das Power-to-Gas-Projekt zeigt für mich gut, dass ebs stets dranbleibt, sich weiterentwickelt und nach noch mehr Nachhaltigkeit strebt. Mit dem in Planung stehenden Wasserstoffprojekt können wir nicht nur sogenannte grüne synthetische Energie produzieren und diese für eine spätere oder anderweitige Nutzung speichern, sondern auch die Nutzung der Wasserkraft an der Muota ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt weiter optimieren.

Mit der Neukonzessionierung der Muotakraftwerke steht für ebs eine ganz eigene Herausforderung an. Sie haben das Projekt seit der Lancierung 2009 eng begleitet, mit der Eingabe des Gesuchs konnte nun ein erster Meilenstein erreicht werden. Das Projekt wird Ihre Nachfolgerin oder Ihren Nachfolger noch jahrelang beschäftigen. Wie sehen Sie die Chancen für die Erteilung der Konzession?

Ich bin überzeugt, dass wir ein ausgewogenes Gesuch eingereicht haben. Ausgewogen sowohl hinsichtlich der Rücksicht auf die Umwelt sowie die sinnvolle Nutzung der Wasserkraft, aber auch mit Blick auf den Nutzen für unsere Kunden. Die Zustimmung der Bezirksbürger zum Gesuch wird sicherlich gross sein, da bin ich mir sicher. So, wie das bei unserem Konzessionsgesuch der Steineraa vor ein paar Jahren der Fall war. Da sagten über 90 Prozent des Stimmvolks Ja zur nachhaltigen Nutzung der ältesten erneuerbaren Energieform.

Nach 16 Jahren geben Sie nun das Amt als Präsident des Verwaltungsrats der ebs Energie AG ab. Was wird Ihnen aus dieser Zeit am stärksten in Erinnerung bleiben?

Einerseits die Vielfalt der Themen rund um Energie und Energieformen. Andrerseits die hervorragende Einsatzbereitschaft, die gute Zusammenarbeit, das Engagement und die hohe Identifikation der Mitarbeitenden mit und für ebs sowie für unsere Kunden. Für diese beeindruckende Einstellung zur Arbeit und zur Unternehmung gebührt mein herzlicher Dank.

Gibt es Sachen, auf die Sie hätten verzichten können?

Auf die umfangreichen Einsprachen im Rahmen des Konzessionsverfahrens hätte ich sicherlich verzichten können. Aber letztlich gehören auch bremsende oder belastende Situationen zu einem aktiven, sich entwickelnden Unternehmen. Wichtig ist, sich auf allen Stufen positiv, proaktiv und vertieft mit allen Themen auseinanderzusetzen – nur das bringt einen weiter.

Als Rechtsanwalt haben Sie sich spezialisiert auf Steuer- und Wirtschaftsrecht. Mit Energieproduktion hat das wenig zu tun. Was hat Sie dazu bewogen, die Strategie eines regionalen Energieunternehmens über so viele Jahre mitzuprägen?

ebs ist für unsere Region ein wichtiges Unternehmen, das die Energieversorgung sicherstellt. Dies mitzugestalten war für mich sehr reizvoll. Die erworbenen strategischen und unternehmerischen Kompetenzen in der Beratung sowie unserer eigenen Unternehmung Convisa AG (über 50 Mitarbeitende, VRP von 2000 bis 2020) und im Gesundheitswesen (als Präsident des Spitals Schwyz von 2002 bis 2008) gaben mir die Sicherheit, dass ich zusammen mit dem Gesamtverwaltungsrat und den leitenden Mitarbeitenden ebs in eine gute Zukunft führen konnte.

«Ein für die Re­gi­on so wich­ti­ges Un­ter­neh­men mit­zu­ge­stal­ten war für mich sehr reiz­voll.»

Sie waren parallel zu Ihrem Engagement bei ebs während Jahren auch Präsident von H+I, dem Handels- und Industrieverein des Kantons Schwyz. Wie wichtig ist ein lokaler Stromproduzent für die Schwyzer Wirtschaft?

Die lokalen Ressourcen sollen auch durch lokale Unternehmen und damit letztlich durch die lokale Bevölkerung genutzt werden. Mit ebs bleibt die Wertschöpfung in unserer Region. Zudem ist die verlässliche und bezahlbare Versorgung mit nachhaltiger Energie auch ein wichtiger Standortfaktor.

«Die Einsatzbereitschaft der ebs-Mitarbeitenden hat mich beeindruckt» – nach 16 Jahren als Präsident des Verwaltungsrates tritt Ruedi Reichmuth zurück.

Sind Sie nun nach all den Jahren bei ebs auch ein Energieexperte geworden?

Mein Wissen über die Energieversorgung ist während meiner Zeit als Verwaltungsratspräsident der ebs Energie AG definitiv gewachsen. (lacht) Leben heisst lernen und neue Erfahrungen sammeln. Und das setzt voraus, sich zu engagieren und mit Neugierde sowie Interesse an spezielle Fragestellungen heranzugehen.

Sie sind als umtriebige Person bekannt, meist in mehreren Ämtern gleichzeitig engagiert. Daran wird sich wohl wenig ändern, oder?

Ich habe keine Bedenken, dass mir die Arbeit ausgeht oder verleidet. Ich empfinde meine Arbeit –in der Beratung oder in der strategischen Unternehmensführung – nach wie vor sehr spannend und interessant. Langweilig wird es mir deswegen wohl kaum. Mit der Abgabe von Mandaten wie dem Verwaltungsratspräsidium bei ebs werden lediglich die sogenannt «fremdbestimmten Termine» geringer. Das bringt sicher auch mehr Zeit – sei dies für meine Beratungstätigkeit oder für ausserberufliche Aktivitäten.

«Die Ter­mi­ne wer­den si­cher ge­rin­ger, lang­wei­lig wird es mir des­we­gen aber nicht.»