Interview
Hans Bless, Vorsitzender der Geschäftsleitung

«Von der Was­ser­kraft pro­fi­tiert die gan­ze Re­gi­on»

Das Ge­such zur Kon­zes­si­ons­er­neue­rung der Muo­ta­kraft­wer­ke liegt nach über zwölf­jäh­ri­ger Ar­beit nun bei Be­zirk und Kan­ton. Hans Bless, Vor­sit­zen­der der Ge­schäfts­lei­tung, er­klärt, wie man die Was­ser­kraft der Muo­ta mit mo­der­ner Tech­no­lo­gie künf­tig noch ef­fi­zi­en­ter nut­zen will.

Hans Bless, im letzten Herbst hat ebs das Gesuch für die Erneuerung der Konzession der Muotakraftwerke eingereicht. Ist das ein Meilenstein in der Geschichte von ebs?

Hans Bless: Ja, das ist in der Tat ein Meilenstein in der Geschichte unseres Unternehmens. Die Erneuerung der Konzession ist für ebs die Grundlage zur Nutzung der Wasserkraft an der Muota. Vorerst haben wir aber erst das Gesuch eingereicht, was sicher als Meilenstein betrachtet werden kann.

Aber?

Ein sehr viel entscheidender Meilenstein ist dann die effektive Erteilung der neuen Konzession. Wir sind überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Denn ganz im Sinne der Energiestrategie 2050 wollen wir hier in der Region weiterhin erneuerbare, CO2-neutrale elektrische Energie produzieren.

Was soll sich denn mit der neuen Konzession ändern? Welche zentralen Massnahmen sind im Gesuch vorgesehen?

Neben der eigentlichen Neukonzessionierung für die nächsten 80 Jahre ist auch eine Optimierung der einzelnen Kraftwerke vorgesehen. Im Zentrum steht dabei die Teilabdichtung des Glattalpsees, welche die aktuell sehr grosse Versickerung aus dem See wesentlich vermindert soll. Mit dieser Massnahme kann deutlich mehr Wasser als heute für die Winterproduktion gespeichert werden.

Und bei den anderen Kraftwerken?

Bei den Kraftwerken Ruosalp, Bisisthal, Hinterthal Muota und Hinterthal Hüribach soll die Ausbauwassermenge erhöht werden. Damit kann die kurzzeitige Produktionsleistung gesteigert werden. Beim Kraftwerk Wernisberg sind keine Anpassungen von Leistung und Ausbauwassermenge vorgesehen.

Hans Bless im Gespräch
«Von der Konzessionserneuerung der Muotakraftwerke profitiert die ganze Region», ist Hans Bless überzeugt.

Was bringt die Konzession den Einwohnerinnen und Einwohnern des Bezirks Schwyz?

Die Konzession selbst bringt nur ebs etwas, nämlich das Nutzungsrecht der Wasserkräfte an der Muota für weitere 80 Jahre. Aber da ebs ausschliesslich im Besitz der öffentlichen Hand ist – namentlich des Bezirks Schwyz, der Oberallmeindkorporation und der Gemeinden Schwyz, Muotathal, Steinen, Sattel, Unteriberg, Lauerz und Illgau –, profitiert die ganze Region. Einerseits wird sichergestellt, dass die produzierte Energie weiterhin zum Wohle und Nutzen der Bezirksbürgerinnen und -bürger verwendet werden kann. Andrerseits bleiben die erwirtschafteten Erträge in der Region.

Gibt es dazu Zahlen?

Ja. Die ebs Energie AG generiert für die Region eine Wertschöpfung von rund 21 Millionen Franken pro Jahr. Zusätzlich entrichtet sie aus den operativen Tätigkeiten Zinsen und Entgelte an das öffentliche Gemeinwesen. Seit 1950 waren dies insgesamt 83.5 Millionen Franken Wasserzinsen und 61.3 Millionen Franken Entgelte für Verteilnetzkonzessionen.

Mit der Erarbeitung des Konzessionsgesuchs hat ebs 2009 gestartet. Wieso hat es so lange gedauert, bis es eingereicht werden konnte?

Das Konzessionsgesuch beinhaltet im Wesentlichen die technischen Berichte für die geplanten Ausbauten sowie eine umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung. Letztere ist unterteilt in eine Voruntersuchung, eine Hauptuntersuchung Stufe 1 für das Konzessionsverfahren und eine Hauptuntersuchung Stufe 2 für das Baubewilligungsverfahren.

Die dann dennoch dagegen Einsprache einreichten …

Im Rahmen einer fachtechnischen Vorprüfung wurden die Unterlagen von den kantonalen Amtsstellen geprüft und darauf im Frühjahr 2019 das Gesuch erstmals eingereicht. Leider haben dann die Umweltverbände die Weiterbearbeitung in Form einer umfangreichen Einsprache blockiert.

Für die anschliessende komplette Überarbeitung des Gesuchs gab es aber einen anderen Grund.

Ja. In der Zwischenzeit wurde das Schweizerische Wasserrechtsgesetz geändert. Dadurch mussten die Grundlagen für die gewässer- und landschaftsökologischen Beurteilungen angepasst werden und wir wurden vom Kanton aufgefordert, die Unterlagen – immerhin knapp 6000 Seiten – komplett zu überarbeiten. Wenn man sich den ganzen Prozess als Leiterlispiel vorstellt, heisst das: zurück auf Feld eins.

«Wenn man sich den Pro­zess als Lei­ter­li­spiel vor­stellt, heisst das: zu­rück auf Feld eins.»

Das hat man dann auch gemacht und das Gesuch nun im Herbst neu eingereicht. Wie viele Personen waren an der Ausarbeitung des Gesuchs beteiligt?

Ich habe es mal für mich zusammengezählt: Auf dem Höchststand der Untersuchungen in den Jahren 2014 bis 2016 waren es zeitweise über 40 Personen. Die Erarbeitung eines solchen Gesuchs ist ein intensives Zusammenspiel und ein intensiver Austausch von Information unter diversen Fachstellen, internen und externen Experten sowie Partnern. Das sind Leute mit technischem Wissen im Kraftwerksbau, Geologen, Experten für Gewässer- und Landschaftsökologie, für Grundwasser, Stollenbau oder Stahlwasserbau – um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Wie sieht nun der weitere Fahrplan aus?

Leider sind im Rahmen der erneuten öffentlichen Auflage wiederum umfangreiche Einsprachen von den Umweltverbänden eingegangen. Nun geht es darum, die Einsprachen zu beurteilen und eine schriftliche Stellungnahme zu verfassen. Parallel zum Konzessionsgesuch wurden auch die Projekte zur Sanierung der Wasserkraft, Schwall/Sunk, Fischwanderung und Geschiebetrieb öffentlich aufgelegt. Auch da gilt es die jeweiligen Einsprachen zu bearbeiten.

Hans Bless sieht in synthetisch produziertem Wasserstoff einen wichtigen Pfeiler des künftigen Energiemixes.

Können Sie eine Prognose machen, wann das Stimmvolk über das Gesuch zur Konzessionserneuerung abstimmen wird?

Wie es konkret weitergeht, ist im Moment schwierig zu sagen. In Bezug auf die Behandlung der Einsprachen liegt die Verfahrensleitung bei Bezirk und Kanton Schwyz. Trotz dieser Einsprachen haben wir bereits mit der Umsetzungsplanung der Revitalisierungsmassnahmen beim ehemaligen Kraftwerk Langensteg begonnen. Diese zeitnahe Umsetzung ist Teil des Massnahmenkatalogs aus der Restwassersanierung.

Die Energiegewinnung entlang der Muota soll nicht nur für weitere 80 Jahre gesichert, sondern auch um neue Techniken ergänzt werden. Im letzten Sommer hat ebs ein Projekt zur Produktion von Wasserstoff – Power-to-Gas nennt sich die Technologie – lanciert. Was ist das genau?

Bei Power-to-Gas geht es darum, Energie, welche als Strom vorhanden ist, in eine andere Form umzuwandeln, in diesem Fall in Gas. Dazu braucht es neben Strom hauptsächlich Wasser. Mit Hilfe elektrischer Energie werden mittels Elektrolyse Wassermoleküle in Wasserstoff und in Sauerstoff aufgeteilt. In chemischen Formeln ausgedrückt wird H2O in H2 (Wasserstoff) und O (Sauerstoff) aufgespaltet. Beide Produkte sind dann in Gasform vorhanden. Der Sauerstoff wird einfach an die Umwelt abgegeben, der extrem leicht entzündliche Wasserstoff hingegen wird verflüssigt in Tanks gespeichert. Wird er später wieder mit Sauerstoff gemischt und entzündet, setzt das die darin gespeicherte Energie frei – als «Abfallprodukt» entsteht wieder Wasser.

Was hat ebs dazu bewogen, ein eigenes Projekt mit dieser Technologie zu starten?

Bei der Schneeschmelze im Frühjahr sowie bei Niederschlägen in den Sommermonaten produziert ebs den grössten Teil des jährlichen Stroms. Das ist aber auch die Jahreszeit, in welcher Photovoltaikanlagen den grössten Ertrag erzielen. Für uns bedeutet das, dass wir im Sommerhalbjahr zwar viel Strom produzieren, aber wegen der weiterhin steigenden Anzahl Photovoltaikanlagen in unserem Versorgungsgebiet immer weniger davon an unsere Kunden abgeben können.

«Wir können im Som­mer zwar viel Strom pro­du­zie­ren, aber im­mer we­ni­ger an un­se­re Kun­den ab­ge­ben.»

ebs muss also den Strom zu tieferen Preisen im Strommarkt verkaufen oder die Produktion drosseln.

Genau. Deshalb haben wir nach Möglichkeiten gesucht, diese Energie zu speichern und sie sinnvoll zu verwenden, anstatt sie im wahrsten Sinne des Wortes bachab zu schicken. Mit der Power-to-Gas-Technologie haben wir eine solche Möglichkeit gefunden.

Aber Wasserstoff als Energieträger findet im Moment noch nicht sehr breite Verwendung. Wird sich das bald ändern?

Wasserstoff als Energieträger ist in der Tat noch nicht so weit verbreitet. Es gibt bereits erprobte Anwendungen, beispielsweise als Treibstoff für Lastwagen oder für industrielle Hochtemperaturanwendungen wie Schmelzöfen. Da kann Wasserstoff eine attraktive Alternative zur Verbrennung fossiler Stoffe sein. Genau wie bei der Elektromobilität werden nach einem zögerlichen Start Anwendungsverfahren vielfältiger und die Verbreitung bald zunehmen, womit der Bedarf an Wasserstoff stetig steigen wird.

Mit dem Gesuch zu Konzessionserneuerung und der Lancierung des Wasserstoffprojekts wurden 2021 zwei wichtige Meilensteine in der ebs-Unternehmensgeschichte gesetzt. Geprägt hat das Geschäftsjahr wohl aber erneut auch die Pandemie?

Wie bei jedem anderen Unternehmen auch, war 2021 der Arbeitsalltag sehr stark durch das Auf und Ab im Zusammenhang mit der Coronapandemie geprägt. Auch wir mussten verschiedene Massnahmen treffen, welche von unseren Mitarbeitenden konsequent umgesetzt wurden. Dadurch sind wir bislang sehr gut über die Runden gekommen und konnten jederzeit höchste Betriebssicherheit gewährleisten, sowohl für unser Personal als auch für unsere Kunden. Es ist mir ein grosses Anliegen an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr Verständnis und für das Mittragen der Massnahmen von ganzem Herzen zu danken.

Was lief sonst noch im letzten Geschäftsjahr?

Neben den allgemeinen Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten an unseren Anlagen haben wir mit zwei weiteren grossen Sanierungsprojekten gestartet. Es handelt sich dabei einerseits um die Sanierung der Druckleitung im Schrägschacht von der Glattalp ins Sahli und andererseits um die Erneuerung der 50-Kilovolt-Freileitung zwischen dem Kraftwerk Sahli und dem Kraftwerk Bisisthal. Im Weiteren haben wir unsere Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der Elektromobilität, Energieberatung sowie der Ingenieurleistungen stark ausgebaut und mit zusätzlichen personellen Ressourcen und Kompetenzen erweitern können. Ebenfalls bin ich persönlich sehr stolz darauf, dass wir ab nächstem August eine neue Berufslehrstelle als Informatiker EFZ anbieten können. Aktuell beschäftigen wir zwölf Lernende in sieben verschiedenen Berufen, ab August neu 14 Lernende in acht verschiedenen Berufen.