Interview
Jonas Bürgler, Geschäftsbereichsleiter Energie

«Un­se­re Kos­ten sind sta­bi­ler und be­re­chen­ba­rer»

Im Strom­markt herrscht der­zeit viel Un­ru­he, die Prei­se ken­nen nur ei­ne Rich­tung: nach oben. Jo­nas Bürg­ler, Ge­schäfts­be­reichs­lei­ter En­er­gie der ebs En­er­gie AG, er­klärt, wo­hin die Rei­se geht – und wie­so ebs mehr Preis­si­cher­heit bie­ten kann.

Jonas Bürgler, die Energiepreise sind im letzten Jahr geradezu explodiert, insbesondere bei fossilen Energieträgern. Der Preis für Heizöl beispielsweise stieg innert Jahresfrist im EU-Raum um über 50 Prozent. Angezogen hat aber auch der Strompreis. Weshalb?

Die weltweiten Lockdowns im Zuge der Coronapandemie im Jahr 2020 hatten zur Folge, dass Investitionen im Energiebereich zurückgefahren wurden. So wurde nicht nur der Bau erneuerbarer Energieproduktionsanlagen verschoben oder sistiert, sondern auch Abbauprojekte fossiler Energieträger. 2021 gab es dann ein deutlich stärkeres Wirtschaftswachstum als angenommen und die Energieproduktion geriet weltweit in Rückstand. Dadurch sind die Rohstoffpreise für Erdöl, Kohle und Erdgas weltweit stark angestiegen.

Aber was hat das nun mit dem Strompreis zu tun?

In Europa wird der Strompreis durch das teuerste noch benötigte Kraftwerk bestimmt – und da haben die mit Steinkohle und Erdgas betriebenen Kraftwerke den Strompreis in schwindelerregende Höhen getrieben. Gleichzeitig standen und stehen auch geopolitische Unsicherheiten mit Russland und der europäischen Gasversorgung im Raum. Dazu mussten letztes Jahr ungeplant mehrere Kernkraftwerke in Frankreich zeitgleich für eine Revision vom Netz genommen werden. All das führte dazu, dass der Strompreis für 2022 kurz vor Weihnachten auf bis zu 35 Rappen pro Kilowattstunde gehandelt wurde.

Mit der ebs Erdgas + Biogas AG vertreibt ebs auch Gasprodukte. Gas war Ende 2021 so teuer wie noch nie. Da ist man in der Preisgestaltung wohl weniger unabhängig?

Mittlerweile können wir doch schon einen beachtlichen Teil des Gasverkaufs mit der Biogasanlage in Inwil abdecken, an welcher ebs beteiligt ist. Den Hauptteil des von uns verkauften Gases beziehen wir aber zu Marktkonditionen. In den letzten Jahren waren die Preise sehr attraktiv – davon profitierten auch unsere Kunden. Im letzten Herbst gab es aber starke Preiserhöhungen, die wir unseren Kunden leider weitergeben mussten.

Hat sich das auf den Gasabsatz von ebs ausgewirkt?

Ja, dieser ging 2021 zurück. Einzelne unserer Grosskunden haben die Möglichkeit, den Energiebedarf alternativ auch mit Erdöl zu decken. Und das war preiswerter als Erdgas. Aus diesem Grund ist es uns ein Anliegen, unseren Kunden auch langfristig gegenüber Erdöl einen konkurrenzfähigen Gaspreis anbieten zu können.

Beobachtet derzeit viel Bewegung im internationalen Energiemarkt: Jonas Bürgler, Geschäftsbereichsleiter Energie bei ebs.

Können wir mit einer Entspannung der Energiepreise in absehbarer Zeit rechnen?

Kurzfristig erwarten wir wieder eine Entspannung der Energiepreise, vor allem wenn sich die weltweite Versorgungslage wieder etwas eingependelt hat. Mittel- bis langfristig erwarten wir aber ein gegenüber den letzten fünf Jahren etwas höheres Preisniveau.

Der eigenen Stromproduktion im Winter dürfte in Zukunft eine noch wichtigere Rolle zukommen. Dass der Bundesrat im Frühling 2021 die Verhandlungen mit der EU für das Rahmenabkommen einseitig beendete, kam gerade in der Strombranche nicht gut an. Der Schweiz drohen in den Wintermonaten vermehrt auch grossflächige Ausfälle oder sogenannte Strommangellagen. Ist es wirklich so schlimm?

Bis 2025 verlangt die EU von ihren Mitgliedsländern, dass sie 70 Prozent der Übertragungsnetzkapazität für ungeplante kurzfristige Stromaustauschflüsse zur Verfügung stellen müssen. Die Schweiz hat 41 Austauschstellen mit dem Ausland und ist somit stark mit dem europäischen Stromnetz verbunden. Damit die Nachbarländer diese Anforderung der EU umsetzen können, müssen sie den grenzüberschreitenden Stromhandel mit der Schweiz einschränken.

«Die Schweiz muss mehr Energiespeicher schaffen», ist Jonas Bürgler überzeugt.

Welche Folgen hätte das?

Eine Studie der ElCom, der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, hat ergeben, dass bei einem kalten, langen Winter gegen dessen Ende hin eine sogenannte Strommangellage eintreten könnte. Dies vor allem, weil die Stauseen in den Alpen zu diesem Zeitpunkt langsam leer sein und ohne wärmeres Wetter auch nicht rechtzeitig wieder gefüllt werden könnten. Kann die Schweiz in einem solchen Szenario nicht genügend Strom importieren, müssen Massnahmen wie beispielsweise eine Beschränkung des Verbrauchs ergriffen werden. Darüber muss dann aber der Bundesrat entscheiden, das liegt nicht in der Kompetenz der Elektrizitätsunternehmen.

Kann die Schweiz damit komplett unabhängig von Strom aus dem Ausland werden?

Nein, eine hundertprozentige Autarkie wird man hierzulande nicht anstreben. Das wäre nicht bezahlbar. Wichtiger sind meines Erachtens das Wahren und Sicherstellen von Optionen und Flexibilität.