Interview
Ruedi Reichmuth, Präsident des Verwaltungsrates
«Wir können rund um die Uhr auf unsere Mitarbeitenden zählen»
ebs setzte auch 2020 auf ein breites Angebot an Leistungen in den Bereichen Energie, Kommunikation und Gas. Verwaltungsratspräsident Ruedi Reichmuth ist überzeugt: Damit schaffe man Sicherheit sowohl für die Eigentümer als auch für die Mitarbeitenden.
Ruedi Reichmuth, während die Geschäftsleitung den operativen Betrieb von ebs auch während unsicheren Zeiten sicherstellt, kümmert sich der Verwaltungsrat um strategische Aspekte des Unternehmens. Inwiefern wirkt sich da die Coronapandemie auf Ihre Arbeit als Verwaltungsratspräsident aus?
Ruedi Reichmuth: Auf meine grundlegende Arbeit wirkt sich die Pandemie kaum aus. Weder unsere strategischen Ziele und Vorgaben an die Geschäftsleitung noch die Aufsicht und deren Kontrolle haben sich dadurch geändert. Auch inhaltlich sind die vom Verwaltungsrat zu entscheidenden Themen die gleichen geblieben.
Aber?
Formell sind auch wir im Verwaltungsrat gezwungen, die persönlichen Kontakte zu minimieren. Im letzten Jahr konnten wir unsere Sitzungen noch mit Maskenpflicht im sehr grossen Versammlungsraum in der neuen Betriebszentrale der Muotakraftwerke in Muotathal persönlich abhalten. Das ist nun nicht mehr möglich und der Verwaltungsrat trifft sich nun ausschliesslich im virtuellen Raum zu seinen Sitzungen.
«Die Geschäftsleitung und Mitarbeitende aller Stufen haben vorbildlich reagiert.»
Wie blicken Sie auf das vergangene Geschäftsjahr zurück?
Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden, gerade in Anbetracht der schwierigen und unsicheren Situation. Insbesondere durften wir sehr positiv feststellen, dass die Geschäftsleitung gemeinsam mit allen Mitarbeitenden auf allen Stufen immer vorbildlich reagiert hat. Eine dauerhafte, sichere und nachhaltige Energieversorgung ist eines unserer primären Strategieziele. Dazu müssen wir rund um die Uhr auf unsere Mitarbeitenden zählen können, für deren Gesundheit die Coronapandemie ein Risiko darstellt. Die Geschäftsleitung hat die erforderlichen Massnahmen stehts frühzeitig ergriffen und durch die Sicherheitskonzepte und der grossen Flexibilität der Mitarbeitenden den Betrieb jederzeit sicher weitergeführt.
2019 hat der Verwaltungsrat die Unternehmensstrategie für die Jahre 2020 bis 2025 definiert. Diese sieht zwei wesentliche Grundsätze vor: Fokus auf die Kernaufgaben als Energiehersteller und -versorger sowie Offenheit für Kooperationen. Gibt es da bereits erste Umsetzungen?
Diese Unternehmensstrategie ist eine Anpassung der bisherigen Strategie an die aktuell ersichtlichen Entwicklungen. Ihr ging mit dem Projekt «CH17» eine Änderung der Führungsstruktur mit verstärktem Einbezug der Mitarbeitenden in Entscheidungen und Verantwortungen voraus. Das erforderte eine leichte Nachjustierung. Die Umsetzung besteht jedoch aus vielen kleinen und unspektakulären Schritten. Es ist schön, dass alle Mitarbeitenden die gemeinsamen Ziele mittragen und sich mit ihnen identifizieren.
Mit den in der Strategie erwähnen Kooperationen sind neben Partnern und der öffentlichen Hand als Eigentümerin auch die ebs-Mitarbeitenden gemeint. ebs will die Attraktivität als Arbeitgeber stetig steigern. Wie macht man das in einer Zeit, in der Distanz das Gebot der Stunde ist?
Wir möchten unseren Mitarbeitenden für ihre gute Arbeit und ihren Einsatz unsere Wertschätzung zeigen. Dazu gehören neben einem marktgerechten Lohn und Faktoren wie Arbeitsplanung, interessante und abwechslungsreiche Arbeiten oder Sicherheit auch Entwicklungsmöglichkeiten. Diese wollen wir mit Weiterbildungen ermöglichen, aber auch durch Übertragung von Führungsverantwortung. Körperliche Distanz bedeutet letztlich Sicherheit für die Gesundheit und vor allem ist damit nicht eine emotionale Distanz gemeint.
Der Verwaltungsrat will die Kernaufgaben als Energieunternehmen stärken. Gleichzeitig engagiert sich ebs für nachhaltige Energielösungen und verzeichnete 2020 einen leichten Rückgang des Stromabsatzes. Gräbt man sich da nicht selbst das Wasser ab?
Nein. Die ebs-Unternehmen setzen sich seit über 30 Jahren dafür ein, dass unsere Kunden die Energie effizient und damit sparsam einsetzen. Das hat auch eigennützige Gründe.
«Gemeinsam mit den Kunden streben wir einen sparsamen Energieverbrauch an.»
… Die wären?
Mit unseren Muotakraftwerken und dem Kraftwerk an der Steineraa sind wir Energieproduzent und mit den Leitungsnetzen in unseren sieben Aktionärsgemeinden Energielieferant. Während wir im Sommerhalbjahr einen Produktionsüberschuss haben, herrscht im Winterhalbjahr ein Mangel. Die Energie, welche wir mit unseren Kraftwerken nicht selbst für unsere Kunden produzieren können, müssen wir deshalb – teilweise teuer – einkaufen. Deshalb streben wir gemeinsam mit unseren Kunden einen effizienten und sparsamen Energieverbrauch an.
ebs versorgt die Kunden nicht nur mit regional produziertem Strom, sondern auch mit Gas und Kommunikationsprodukten. Wie wichtig ist diese Diversifikation für die mittel- bis längerfristige Zukunft?
Wir wollen ein wichtiger, verlässlicher Versorger sein. Das ist unser oberstes Ziel. Um unser Kerngeschäft – also die Produktion und Lieferung von Strom – zu sichern, haben wir im Sinne der langfristigen Strategie unsere Tätigkeiten auf verschiedene Geschäftsfelder gestellt und sinnvoll diversifiziert.
Mit welchem Nutzen?
Neben einer gewissen wirtschaftlichen Sicherheit schaffen wir damit auch interessante, vielfältige und somit attraktive Arbeitsplätze in der Region. Und so letztlich eine Sicherung unserer guten Mitarbeitenden. Der Kunde profitiert dadurch von einem kompetenten und breiten Dienstleister. Für den Bezirk, die sieben Aktionärsgemeinden und die Oberallmeindkorporation als Eigentümer von ebs ist durch die Diversifikation ihre Beteiligung sicherer und auch sinnvoller.
«Der Kunde profitiert von einem kompetenten, breiten Dienstleister.»
Birgt diese Diversifikation nicht auch Unsicherheiten? Erdgas ist als Energieträger fossilen Ursprungs nicht unumstritten.
Die Lösung einer nachhaltigen Energieversorgung für Wärme, für Transport oder für gewerbliche oder gar industrielle Prozessenergie darf keine Scheuklappen gegenüber einzelnen Energieträgern haben. Wurde in der Vergangenheit vor allem auf fossile Energieträger gesetzt, liegt für mich die energetisch nachhaltige und effiziente Zukunft in einem richtig dosierten, aufeinander abgestimmten Mix aller Energieträger.
«Jeder Energieträger hat seine Vor- und seine Nachteile.»
Wie könnte dieser Mix aussehen?
Das ist je nach Situation und Anforderungen ganz unterschiedlich. Jeder Energieträger hat seine Vor- und seine Nachteile und ist deshalb dort einzusetzen, wo er als einzelner Träger in Kombination mit den anderen den höchsten Nutzen erbringen kann. Ein gutes Beispiel sind hybride Heizsysteme: Mittels Sonnenkollektoren kann beispielsweise ein grosser Teil des Wärmebedarfs klimaneutral abgedeckt werden und bei Mehrbedarf im Winter sorgt Biogas für eine zusätzliche, effiziente Wärmeproduktion. Heute steht eine breite Palette an Energiequellen zur Verfügung: Wasserkraft als wohl älteste erneuerbare Energie, Wind-, Solar- oder Geothermieanlagen und Biogas als ebenso nachhaltige Alternativen – oder eben auch Öl und Erdgas.
Ist Erdgas als nicht erneuerbarer Energieträger noch zeitgemäss?
Ich finde, ja. Mit der Kompensation der CO2-Belastung bietet ebs in Form des sogenannten Klimagas ein alternatives Produkt, das heute bereits von 95 Prozent der ebs-Kunden genutzt wird. Zudem können sie auch rein organisch hergestelltes Biogas in Erdgasqualität von uns beziehen. Wir haben dafür einen Anteil an der Swiss Farmer Power AG in Inwil gesichert. Dort wird aus organischen Abfällen und Grüngut Biogas hergestellt, aufbereitet und ins Erdgasnetz eingespeist.
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