Interview
Richard Föhn, Präsident des Verwaltungsrates
«Der Zubau erneuerbarer Energien ist sehr wichtig»
Das Bild mit allen 112 ebs-Mitarbeitenden freut Verwaltungsratspräsident Richard Föhn «uusinnig». Im Interview erklärt er, wieso die Berufslehre mehr Ansehen geniessen sollte und wie ebs dem Fachkräftemangel entgegentritt.
Richard Föhn, 2022 hast du das Präsidium des Verwaltungsrats der ebs Energie AG übernommen. «Diese Aufgabe verspricht Spannung in vielerlei Hinsicht», hast du im letzten Geschäftsbericht gesagt. Hat sich diese Erwartung erfüllt?
Ja, diese Spannung ist noch immer da, im positiven Sinne natürlich. Obwohl 2023 im Vergleich zum Vorjahr eigentlich eher ein ruhiges Jahr war, ist viel geschehen und es wurde sehr viel gearbeitet. Aktuell stehen Herausforderungen nicht nur bei der Stromproduktion an, sondern auch bei den Kommunikationsprodukten und in den Bereichen Erd- und Biogas sowie Wasserstoff.
Du kannst nun als Verwaltungsratspräsident auf das erste vollständige ebs-Geschäftsjahr zurückblicken. Was nimmst du aus 2023 mit?
Ich durfte viele interessante Begegnungen in und um ebs erfahren. Dabei zeigte sich immer wieder: Unser Unternehmen wird in der Bevölkerung wahrgenommen, die Öffentlichkeit ist interessiert an dem, was wir machen. Das ist ein schönes Gefühl und eine grosse Wertschätzung der Arbeit aller ebs-Mitarbeitenden. Letztere zählen sicher zum Besten, was mir 2023 widerfahren ist.
«Ich darf mit vielen motivierten Personen zusammenarbeiten.»
Inwiefern?
Es herrscht ein sehr guter Teamgeist im ganzen Unternehmen, unter den Mitarbeitenden, aber auch zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat. Ich darf mit so vielen motivierten Personen zusammenarbeiten und kann als Teil des ebs-Teams auf grosse Unterstützung zählen.
Die Porträts aller 112 Mitarbeitenden von ebs zieren den Geschäftsbericht 2023. Was löst dieses Bild bei dir aus?
Mich freut dieses Bild «uusinnig». Diese Mitarbeitenden sorgen dafür, dass bei uns stets Strom aus der Steckdose kommt. Das sind alles Personen aus unserer Region, nicht irgendwelche anonymen Ölscheichs.
Macht dich das als Verwaltungsratspräsident auch stolz?
In erster Linie freut es mich als ebs-Kunde und als Bezirksbürger. Aber ja: ebs kann all diesen Menschen eine Arbeit und vielen davon auch eine Aus- und Weiterbildung bieten. Da bin ich ehrlich gesagt schon auch ein wenig stolz, einen Beitrag dazu leisten zu dürfen.
Hand aufs Herz: Wie viele der abgebildeten Gesichter hast du schon persönlich getroffen?
Fast alle. Gesichter kann ich mir gut merken, bei den dazugehörigen Namen bin ich aber unglaublich schlecht. Hier ist mir die ebs-Website unter ebs.swiss/team grosse Hilfe. (lacht)
Wie nah ist man als Präsident oder Mitglied des Verwaltungsrates bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?
Das Schöne an ebs und unserer Region ist: Man kennt sich. Einige der ebs-Mitarbeitenden kenne ich auch aus dem privaten Umfeld. Man hat oft verschiedene Bezugspunkte zueinander, das ist sehr wertvoll und schafft Nähe. Als Verwaltungsrat müssen wir alle unsere Entscheidungen immer auch vor dem Nachbar oder bei der nächsten ebs-Veranstaltung erklären und rechtfertigen können.
«Wer sich kennt, geht ehrlicher und offener miteinander um.»
Erachtest du diese Nähe als positiv?
Ja. Wer sich kennt, tauscht sich mehr aus. Die Wege sind kürzer und man geht ehrlicher und offener miteinander um. Das bringt uns weiter.
Du arbeitest als Treuhänder und Betriebsökonom in einer schweizweit tätigen Gesellschaft, die auch Unternehmen, insbesondere KMU, berät. Wie siehst du den Fachkräftemangel in der Energiebranche?
Es ist schon aussergewöhnlich, wie sich der Fachkräftemangel über alle Branchen und Tätigkeiten hinzieht – da bleibt natürlich auch die Energiebranche nicht verschont.
Braucht ebs deshalb heute grössere Anstrengungen, um gute Mitarbeitende für sich zu gewinnen?
Sicherlich braucht es mehr, um potenzielle Mitarbeitende auf uns aufmerksam zu machen. Zentral finde ich, dass wir junge Fachkräfte ausbilden und unsere Mitarbeitenden bei der Aus- und Weiterbildung unterstützen. Diesen Aspekt, unsere gesellschaftliche Verantwortung und das positive Image unseres Unternehmens müssen wir künftig noch stärker nach aussen tragen, beispielsweise in den Sozialen Medien.
Was sind die Gründe für den Fachkräftemangel?
Da gibt es viele: eine ungünstige Alterspyramide, häufigere Frühpensionierung, mehr Teilzeitarbeit, generell gestiegene Anforderungen an den Beruf und nicht zuletzt läuft der Wirtschaftsmotor gut bis sehr gut. Meiner Meinung nach dürfte die Berufslehre auch generell höheres Ansehen geniessen.
Wie meinst du das?
Ein Studium wird noch immer oft als höchstes Bildungsziel angesehen, der «klassische» Bildungsweg mit der Berufslehre geht dabei manchmal fast etwas vergessen. Dabei ist dieser absolut konkurrenzfähig, zukunftsorientiert und mindestens so vielseitig – und die Berufslehre ist der zentrale Pfeiler für eine wirtschaftlich erfolgreiche Schweiz. Das sollten wir uns wieder etwas bewusster werden.
«Der ‹klassische› Bildungsweg mit der Berufslehre geht fast etwas vergessen.»
Als Du im Sommer 2022 in dein Amt gestartet bist, drohte für den Winter gleich eine Strommangellage. Diese Befürchtung hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. War man zu alarmistisch?
Nein, alarmistisch war man nicht. Eine sichere Stromversorgung ist enorm wichtig für die Gesellschaft und die Wirtschaft – dessen musste man sich in der Bevölkerung und in der Politik wieder etwas bewusster werden. Das ist vermutlich das Positive am Ganzen … abgesehen davon, dass die Strommangellage glücklicherweise nicht auftrat.
Wie kam es zu dieser Entspannung?
Einerseits haben die getroffenen Massnahmen Wirkung gezeigt und die Bevölkerung hat beim Stromsparen mitgemacht. Auf der anderen Seite hat der milde Winter dafür gesorgt, dass der Energiebedarf generell geringer ausfiel. Gleichzeitig waren die möglichen Stromimporte aus dem umliegenden Ausland höher als erwartet.
Wie können wir uns künftig besser wappnen? Wo siehst du die Herausforderungen?
Der Zubau erneuerbarer Energien ist sehr wichtig. Dabei darf nicht vergessen werden, dass auch das Stromnetz diesem Wandel angepasst werden muss, was entsprechend kostet. Dieser Umbau benötigt sehr viel Effort von allen Beteiligten. Die Wenigsten wollen ein Windrad vor ihrer Haustür und viele haben Mühe mit dem Zuwachs an Staudämmen, Solaranlagen und Stromleitungen in unserer schönen Natur.
Aber ohne geht es nicht.
Nein. Wenn ich das Licht einschalte, muss der dafür benötigte Strom in genau dem Moment irgendwo herkommen – am Tag, in der Nacht, bei gutem und schlechtem Wetter, bei wenig Sonnenschein, bei Windstille. Schneearme Winter und trockene Sommer sind gerade in der Stromproduktion aus Wasserkraft, wie sie ebs betreibt, eine zunehmende Herausforderung. Wir brauchen überall einen entsprechenden Ausbau der erneuerbaren Energien. Oder wir müssen uns die Frage stellen: Worauf wollen wir künftig verzichten?
«Wir brauchen überall einen Ausbau der erneuerbaren Energie.»
Was trägt ebs zum Ausbau bei?
Unser Ziel ist es, die Konzessionserneuerung für die Muotakraftwerke noch 2024 endlich den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern des Bezirks Schwyz zur Abstimmung vorzulegen. So könnten wir möglichst bald geplante und notwendige Investitionen in unsere Produktionsanlagen und ins Leitungsnetz umsetzen. Das wiederum gäbe ebs die Möglichkeit, die eigene Produktion auch künftig sicherzustellen und flexibler gestalten zu können.
Angesichts der drohenden Mangellage hat ebs die Energiespar-Aktion lanciert. Rund ein Fünftel der ebs-Kunden hat im Winter 2022/2023 freiwillig 20 Prozent oder mehr des Strombedarfs eingespart. Hat dich dieser Erfolg überrascht?
Ja. Diese 20 Prozent sind nicht einfach mit konsequentem Lichterlöschen zu erreichen. Dafür braucht es schon einiges mehr.
Ist der Erfolg der Energiespar-Aktion auch auf die starke Verankerung von ebs in der Bevölkerung zurückzuführen? Oder anders gefragt: Schenkt man einem regionalen Traditionsunternehmen wie ebs mehr Glauben als beispielsweise den Medien oder einer Bundesstelle?
Das müssten eigentlich unsere Kunden beantworten. Ich hoffe aber schon, dass sie uns vertrauen (lacht) … Im Ernst: Ich spüre ein grosses Vertrauen unserer Kunden und der Bevölkerung. Das bringt Verantwortung mit sich, der wir täglich versuchen gerecht zu werden. Es braucht aber auch das Zusammenspiel aller Akteure, also die Information durch Medien und Behörden und eine regional verankerte Stromproduktion. Gemeinsam kommt man immer weiter als man denkt.
Auch wenn geopolitisch 2023 neue Krisenherde entstanden sind, der Energiemarkt hat sich im Vergleich zum Vorjahr etwas beruhigt. Wie siehst du die Zukunft?
Ich denke, der Markt kann aktuell mit den bestehenden Unsicherheiten besser umgehen. Diese sind nun teilweise auch in den Preisen miteinberechnet. Mit der Dekarbonisierung im Speziellen und der künftigen Energiepolitik im Allgemeinen stehen aber noch einige Herausforderungen an. Das wird dafür sorgen, dass Energie künftig einen höheren Wert als heute haben wird. Umso wichtiger ist die eigene Stromproduktion wie ebs sie betreibt. Diese bietet uns mehr Stabilität, als wenn wir nur auf externe Produzenten angewiesen sind.
Ein paar persönliche Fragen an Richard Föhn …
Gehst du zu Fuss, mit dem Velo, dem ÖV oder dem Auto zur Arbeit?
Um täglich meine Termine im Raum Schwyz und Uri überhaupt wahrnehmen zu können, bin ich primär mit dem Auto unterwegs.
Wie viele Tassen Kaffee trinkst du an einem Arbeitstag?
Unzählige, sicher mehr als zehn.
Was ist deine liebste Feriendestination?
Vor zwei Jahren war ich mit meiner Familie in den USA. Dorthin würde ich sofort wieder reisen.
Hast du Haustiere? Wenn ja, wie viele?
Nein. Tiere sehe ich lieber in freier Wildbahn.
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