Interview
Hans Bless, Vorsitzender der Geschäftsleitung
«Wir sind auf die Zielgerade eingebogen»
2023 konnte ebs einen der wichtigsten Meilensteine der Konzessionserneuerung erreichen: die Einigung mit dem Umweltverbänden. Hans Bless blickt auf ein Geschäftsjahr zurück, das entspannter ausfiel als erwartet – und trotzdem Herausforderungen mit sich brachte.
Hans Bless, die letzten Jahre waren für Energieversorger mit verschiedenen Unsicherheiten verbunden. 2023 scheint nun ruhiger verlaufen zu sein. Täuscht der Eindruck?
Nein, der Eindruck täuscht nicht. Das letzte Jahr ist, was die Energiemärkte betrifft, in der Tat etwas ruhiger verlaufen. Dennoch ist bei ebs gerade sehr viel los.
Was denn?
Wir haben auf den Jahreswechsel hin unser ERP-System umgestellt und damit die Digitalisierung unserer Prozesse weiter vorangetrieben. Da wir mit dieser Software die gesamte Ressourcenplanung für unser Unternehmen ausführen, war dies eine komplexe Angelegenheit. Daneben stehen mehrere grössere Unterhaltsprojekte an.
Zum Beispiel?
Einerseits bereiten wir die Sanierung des Schrägschachtes beim Kraftwerk Glattalp vor, welche nun im Frühling startet. Dieses Projekt ist sehr aufwändig, wird rund zwei Jahre dauern und knapp 15 Millionen Franken kosten. Andererseits steht auch der Ersatz der Hochspannungsleitung zwischen dem Kraftwerk Sahli und dem Kraftwerk Bisisthal an. Die Vorbereitungsarbeiten im Gelände haben Ende letztes Jahr bereits begonnen.
«Die geopolitische Lage sorgt noch immer für Unsicherheit.»
Vor einem Jahr hast du hier erklärt, dass sich die Entwicklungen am Energiemarkt für die nächsten Jahre schwer abschätzen lassen. Herrscht heute mehr Klarheit?
Von Klarheit zu sprechen, fände ich etwas übertrieben. Passender ist: Die Lage hat sich beruhigt. Es gab eine Stabilisierung, zwar nach wie vor auf hohem Niveau. Die geopolitische Lage sorgt aber immer noch für Unsicherheiten an den Energiemärkten.
Was waren 2023 und sind aktuell die grössten Herausforderungen für einen regionalen Energieversorger wie ebs?
Ich kann hier nur für ebs sprechen, nicht für alle regionalen Energieversorger. Im Zentrum stehen für mich aktuell zwei Themen: Einerseits der rasante Ausbau erneuerbarer Energien, allen voran der Photovoltaik, andererseits die ständig sich ändernde Gesetzgebung. Letzteres führt zu immer neuen Spielregeln.
Welche denn?
Als Beispiel kann ich den vom Parlament im Herbst 2023 beschlossenen Mantelerlass ins Feld führen. Mit diesem soll der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert und die Versorgungssicherheit in der Schweiz verbessert werden – eine sinnvolle, richtige und wichtige Sache. Aber: Wie das Ganze gemäss den Vorgaben des Gesetzgebers effizient und nachhaltig umgesetzt werden soll, ist für mich noch nicht ganz nachvollziehbar.
Wo konnte ebs 2023 wachsen oder sich weiterentwickeln?
Unser recht umfangreiches Dienstleistungsgeschäft, insbesondere im Bereich der nachhaltigen Energielösungen, hat 2023 ein starkes Wachstum verzeichnet. Das freut uns sehr, denn das zeigt, dass diesbezüglich ein echtes Kundenbedürfnis vorhanden ist. Weiterentwickelt hat sich ebs vor allem im Bereich der Digitalisierung. Nach dem Umstellen des ERP-Systems gilt es nun, Abläufe und Prozesse zu optimieren, um die Vorteile der Digitalisierung effizient und sinnvoll einsetzen zu können, auch im Sinne unserer Kunden.
Und wo ist ebs im letzten Jahr nicht ganz so weit gekommen, wie man sich das gewünscht hatte?
Das betrifft die gleichen Themen wie schon in den Jahren davor: die Konzessionserneuerung und die Sanierung der Wasserkraft. Beides war 2023 durch Einsprachen blockiert, für welche wir nun aber gute Lösungen gefunden haben. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass die Verfahren etwas schneller liefen.
«Wir befinden uns bei der Konzessionserneuerung auf der Zielgerade.»
Seit Jahren betreffen eine oder mehrere Fragen dieses Interviews die Konzessionserneuerung der Muotakraftwerke. Stelle ich dir dieses Jahr ein letztes Mal die Frage, wann die Erneuerung der Konzession vors Volk kommt?
Ja, wir sind in der Tat auf die Zielgerade eingebogen. Mit den Umweltverbänden konnte im Rahmen eines gemeinsamen Antrages eine Einigung erzielt werden. Jetzt müssen die Unterlagen des Gesuchs zur Konzessionserneuerung noch an den Kanton und das Bundesamt für Umwelt. Wir erwarten deren positive Stellungnahme noch vor den Sommerferien. (Stand Januar 2024, Anm. d. Red.)
Was führte letztlich dazu, dass die Umweltverbände doch noch mit ins Boot geholt werden konnten?
Es waren harte, aber jederzeit sehr konstruktive und faire Verhandlungen, die wir mit den Umweltverbänden führen konnten. Zum Ziel führte am Ende ein sachliches Abwägen zwischen Schutz und Nutzen. Es konnte eine Lösung gefunden werden, bei welcher dort geschützt wird, wo der grösste ökologische Nutzen erreicht werden kann, und dort genutzt wird, wo der energiewirtschaftliche Erfolg am höchsten ist.
Wie blickst du der Urnenabstimmung im Bezirk Schwyz entgegen?
Sehr positiv. Es wird für uns aber noch eine grosse Aufgabe sein, die Stimmbürger sowie weitere interessierte Kreise detailliert über das Vorhaben informieren zu können. Die Konzessionserneuerung der Muotakraftwerke ist bisher in der breiten Öffentlichkeit einfach ein Begriff, viel mehr nicht. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger aber haben ein Anrecht darauf, zu wissen, was hinter diesem Begriff steht und was er alles umfasst.
Was macht dich so zuversichtlich, dass die Vorlage angenommen wird?
Die Eigentümer der ebs Energie AG sind der Bezirk Schwyz, die Oberallmeindkorporation und die Gemeinden. ebs wurde von ebendiesen mit dem Zweck gegründet, die Wasserkraft der Muota zum Wohle aller zu nutzen. Mit der Erneuerung der Konzession wird dieses Nutzungsrecht für weitere 80 Jahre gesichert. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger können direkt davon profitieren, indem ihnen weiterhin einheimisch und erneuerbar produzierte, praktisch CO2-freie Energie zur Verfügung steht. Indirekt profitieren sie auch von der grossen Wertschöpfung für die Region, welche ebs jährlich erwirtschaftet.
«Die Stimmbürger können direkt von einheimischer, erneuerbarer Energie profitieren.»
Mit der gleichen Motivation, die Energieversorgung unabhängiger von anderen, insbesondere dem Ausland, zu machen, hat ebs das Projekt Wasserstoffproduktion gestartet. Die Baubewilligung liegt seit 2022 vor, die Inbetriebnahme war für Ende dieses Jahr vorgesehen. Gebaut wurde bis jetzt aber nichts. Wieso?
In der Tat liegen praktisch alle Bewilligungen vor, mit welchen der Baustart erfolgen könnte. Der Grund, dass aktuell noch nicht gebaut wird, liegt einzig und allein in der Tatsache, dass aktuell praktisch kein Markt besteht, über den Wasserstoff abgesetzt werden kann. Auf dieser Basis ist diese doch beachtliche Investition vorerst nicht zu verantworten.
Weshalb ist der Bau der Wasserstoffproduktionsanlage derzeit nicht zu verantworten?
Das Geschäftsmodell für unsere Wasserstoffproduktion beruht unter anderem auf dem Einsatz von Wasserstoff im Bereich Prozesswäre, der Beimischung zu Erdgas und als Treibstoff für Lastwagen und Busse. Und eben grad diese sind aktuell in der Schweiz entgegen früheren Annahmen nicht einmal zu kaufen. National gibt es nach wie vor keine Wasserstoffstrategie, obwohl dieser Bereich von der EU aktuell sogar forciert wird.
In unserer Region würde ebs mit der Wasserstoffanlage eine Pionierrolle übernehmen. Hat sich ebs mit der innovativen Technik zu viel zugetraut?
Nein, die Pionierrolle wollen wir weiterhin einnehmen. Mittlerweile haben wir uns ein grosses Fachwissen im Bereich der Wasserstoffproduktion angeeignet. In verschiedenen Workshops, unter anderem mit dem Kanton Schwyz, haben wir unser diesbezügliches Wissen ausgetauscht. Auch da ist von grosser Bedeutung, dass die Bewilligungsbehörden über das nötige Know-how verfügen, wenn es dereinst losgehen sollte.
Um qualitativ starke Produkte anbieten und Innovationen vorantreiben zu können, braucht es gute Fachkräfte. ebs schien vom Fachkräftemangel bisher verschont geblieben zu sein. Stimmt dieser Eindruck?
Nicht ganz, auch wir spüren den Fachkräftemangel. Bislang ist es uns aber immer gelungen, ausgeschriebene Stellen mit jungen und innovativen Fachleuten besetzen zu können. Aktuell, aber auch schon in der Vergangenheit, investiert ebs viel in die berufliche Aus- und Weiterbildung. Insbesondere die Weiterbildung von Mitarbeitenden erachte ich als sehr zentral. Dadurch konnten wir in der letzten Zeit einige zentrale Kaderstellen durch interne Leute selbst besetzen.
«Wir investieren viel in die berufliche Aus- und Weiterbildung.»
Was tut ebs, damit das so bleibt?
Personalentwicklung ist für uns nicht nur eine leere Worthülse, sondern wird aktiv gelebt. Aber auch hier zeigt sich: Stetige Optimierung und Ausweitung des Angebotes sind unumgänglich. Wichtig ist, für die bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Umgebung zu schaffen, welche ihnen die Möglichkeit gibt, sich innerhalb des Unternehmens weiterzuentwickeln. Die Vorteile, zentrale Funktionen mit eigenen Leuten besetzen zu können, liegen auf der Hand.
Betrifft die Schwierigkeit, Stellen zu besetzen, alle Berufsbilder gleichermassen?
Eigentlich ist die Situation über alle Berufsbilder in etwa gleich. Was mir persönlich mehr Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass wir vermehrt Schwierigkeiten haben, unsere Lehrstellen besetzen zu können. ebs hat ein sehr breites Angebot an Lehrstellen. Wir setzen uns aktiv dafür ein, dass unser duales Ausbildungssystem erhalten bleibt, indem wir ein attraktives Umfeld mit vielen Möglichkeiten für die Lernenden entwickeln.
«Wichtig erscheint mir, dass wir attraktive Arbeitsbedingungen schaffen.»
Lange konnten traditionsreiche, regional verankerte Unternehmen wie ebs bei der Suche nach Arbeitnehmenden vom starken Image profitieren. Wer für ebs arbeiten darf, hat was erreicht. Muss heute mehr geboten werden?
Ja, nur der Name allein ist noch kein Garant für den Erfolg. Wichtig erscheint mir, dass wir attraktive Arbeitsbedingungen schaffen. Dazu gehören für mich flexible Arbeitszeitmodelle, ein umfangreiches Aus- und Weiterbildungsangebot, interessante und spannende Aufgaben, eine gute Balance zwischen Verantwortung und Kompetenzen, eine klare Struktur sowie ein allgemein lebhaftes Umfeld. Dazu zählt für mich auch, dass Erfolge gefeiert und Misserfolge reflektiert werden.
Bei ebs gilt seit diesem Jahr die Du-Kultur. Alle Mitarbeitenden, vom Lernenden über die Bereichsleiterin bis zum Geschäftsleitungsmitglied, sprechen sich mit du an. Entsprach dies nicht bereits zuvor der Realität im Berufsalltag?
Doch, es entsprach in der Tat bereits vorher der gelebten Realität.
Was will ebs denn mit dem Entscheid für die Du-Kultur erreichen?
Mit dem offiziellen Entscheid für die Du-Kultur wollen wir auch hier klare Verhältnisse schaffen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen wissen, welche Regeln bei uns gelten, damit sie diese dann unbeschwert auch leben können. Sogenannte ungeschriebene Gesetze führen nur zu Unsicherheiten und Spannungen – und genau die wollen wir dadurch vermeiden.
ebs zählt 112 Mitarbeitende aus den verschiedensten Berufen, bildet 12 Lernende aus und bietet die Ausbildung von zehn verschiedenen Berufen an. Wie wird aus einem so bunten Strauss an Berufen und Persönlichkeiten eine Einheit als Unternehmen?
Bei den zehn verschiedenen Ausbildungsberufen handelt es sich keineswegs um einen bunten Strauss. Im Gegenteil, es sind alles Berufe beziehungsweise Fachrichtungen, welche wir in unserem Unternehmen aktuell brauchen. Gerade angesichts des Fachkräftemangels ist es von zentraler Bedeutung, dass ein Unternehmen seinen beruflichen Nachwuchs so weit wie möglich selbst ausbildet.
Ein paar persönliche Fragen an Hans Bless …
Gehst du zu Fuss, mit dem Velo, dem ÖV oder dem Auto zur Arbeit?
Ich fahre mit dem Öffentlichen Verkehr oder dem Auto zur Arbeit.
Wie viele Tassen Kaffee trinkst du an einem Arbeitstag?
Zwei bis drei pro Tag. Aber lieber trinke ich am Morgen einen Tee und tagsüber möglichst viel Wasser.
Was ist deine liebste Feriendestination?
In meiner Freizeit und in meinen Ferien bewege ich mich am liebsten in unseren Bergen oder zu Hause.
Hast du Haustiere? Wenn ja, wie viele?
Ja, eine Katze.
Interview mit Richard Föhn,
Verwaltungsratspräsident
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