Interview:
Hans Bless, Vorsitzender der Geschäftsleitung

«Uns ist ein öko­lo­gisch aus­ge­glich­enes Pro­jekt ge­lung­en»

Neue Produkte, verbesserte Organisation, mehr Strom­tank­stellen: ebs blickt auf ein erfolg­reiches Geschäfts­jahr zurück. Hans Bless erklärt als Vor­sitz­ender der Geschäfts­leitung, was die Energie­dienst­leisterin 2020 bewegen wird.

Hans Bless, letztes Jahr wurde das Gesuch für die Konzessionserneuerung der Muotakraftwerke öffentlich aufgelegt. Wo steht das Projekt aktuell?

Innerhalb der öffentlichen Auflage­frist sind vier Einsprachen eingegangen. Wir sind nun dabei, mit den Ein­sprechenden Lösungen zu finden. Bei drei der vier Ein­sprachen geht es lediglich um einzelne Aus­gleichs- und Ersatz­massnahmen. Da haben wir bereits Ver­hand­lungen geführt und nun Lösungs­vor­schläge unterbreitet.

Was bemängeln denn die Ein­sprech­enden?

Ein Teil der Ein­sprech­enden bemängelt, dass öko­logischen Gesichts­punkten zu wenig Rechnung getragen werde. Der andere Teil kritisiert genau das Gegen­teil, dass nämlich öko­logischen Mass­nahmen zu viel Bedeutung beigemessen werden. Für uns heisst das unter dem Strich, dass es uns gelungen ist, ein öko­logisch aus­geglichenes Projekt vorzulegen.

2019 hat ebs weiter an internen Strukturen gearbeitet: Die Betriebs­zentrale Muota­kraft­werke (BZM) in Muotathal wurde im September eröffnet. Sie vereint die Mit­arbeitenden für den Betrieb und Unterhalt der Wasser­kraft­werke unter einem Dach. Hat diese Neu­organ­isation die erhofften Effekte mit sich gebracht?

Die gewünschten Effekte sind grössten­teils eingetroffen. Natürlich können einzelne Punkte noch verbessert werden. Wenn man bedenkt, dass mit der Betriebs­zentrale eigentlich drei fast selbst­ständige Standorte an einem Ort zusammen­gefasst wurden, ist das aber sehr über­schaubar. Die Abläufe werden also stetig optimiert.

Was hat sich als besonders positiv heraus­gestellt?

Es ist nun bedeutend einfacher, die Unterhalts­arbeiten von einer zentralen Stelle aus zu organisieren und zu planen. Ebenfalls kann der Einsatz vorhandener Ressourcen besser koordiniert werden. Ich will nicht sagen, dass diese Koordination nicht schon vorher erfolgt ist, mit der Betriebs­zentrale ist sie aber einfacher machbar.

Und wie profitiert der ebs-Kunde davon?

Wie der Name «Betriebs­zentrale Muota­kraft­werke» schon sagt, werden hier haupt­sächlich Betriebs- und Unterhalts­arbeiten für die Kraft­werks­anlagen organisiert und durch­geführt. Aber auch der Bereich Elektro­instal­lationen ist neu darin unter­gebracht. Unser kompetentes Instal­lations­team kann jetzt noch besser auf die Wünsche unserer Kunden eingehen und Sachen direkt vor Ort zeigen. Ebenfalls haben viele einheimische Unter­nehmen, die auch Kunden von ebs sind, bei diesem Umbau von Auf­trägen profitiert. Mit der Betriebs­zentrale ist es uns gelungen, mitten im Dorf Muotathal die Präsenz der ebs Energie AG zu verstärken und Arbeits­plätze zu sichern.

«Mit der Betriebs­zentrale sichern wir Arbeits­plätze.»

Ist in den einzelnen Kraft­werken jetzt niemand mehr vor Ort?

Die Räum­lichkeiten bei den Kraft­werken vor Ort werden nicht mehr so intensiv genutzt wie vorher. Allerdings müssen die Unter­halts­arbeiten, obwohl zentral organisiert, immer vor Ort ausgeführt werden. Das heisst, ein grosser Teil der vorhandenen Infra­struktur wird weiterhin für solche Fälle gebraucht.

Ist die Neu­organisation im Kraft­werks­betrieb mit der Eröffnung der Betriebs­zentrale ab­geschlos­sen?

In Bezug auf Betrieb und Unterhalt unserer Kraft­werks­anlagen konnte ein grosser Schritt erledigt werden. Die Heraus­forderungen für die Zukunft werden jedoch nicht weniger. Denken wir nur an die fort­schreitende Digital­isierung in allen Bereichen, dezentrale Strom­produktion und Konzessions­erneuerung sind weitere Stich­worte diesbezüglich. Die Anpassung von Organisation und Optimierung von Prozessen wird eine Dauer­aufgabe bleiben.

Dient die Betriebs­zentrale im Muotatal als Beispiel dafür, in anderen Bereichen von ebs ähnliche Strukturen aufzubauen?

Andere Bereiche bei ebs haben andere Aufgaben und müssen deshalb auch anders strukturiert werden. Natürlich kann von den gemachten Erfahrungen profitiert werden. Das heisst aber nicht, dass diese Strukturen einfach für andere Bereiche kopiert werden können.

Hans Bless im Gespräch

Etwas weiter die Muota hinunter, im Wernisberg, stand längere Zeit das Kraftwerk still. Das dazu­gehörende Stau­wehr im Schlattli wird seit Oktober saniert. Was macht man da genau?

Das Hoch­wasser vom 12. Juli 2010 ist bestimmt noch vielen in Erinnerung. Bei diesem speziellen Hoch­wasser­ereignis – mit extremen Mengen an Holz und Geschiebe in der Muota – haben die Wehr­organe am Stau­wehr Schlattli nicht optimal funktioniert. Das Bundes­amt für Energie hatte als eid­genössische Aufsichts­behörde über Stau­anlagen deshalb eine Ver­besser­ung der Hoch­wasser­sicher­heit verfügt. Wehr­organe beziehungs­­weise deren Funktions­abläufe müssen auf ein sogenanntes tausend­jähriges Hoch­wasser ausgelegt werden. 2019 haben wir mit den entsprechenden Umbau­arbeiten am Stau­wehr begonnen.

Wie gehen die Arbeiten voran und bis wann können sie abgeschlossen werden?

Die Arbeiten kommen gut voran. Sie sind bereits soweit fort­geschritten, dass der Selgis­see im letzten Dezember wieder gestaut und das Kraft­werk Wernisberg in Betrieb genommen werden konnte. Der Abschluss aller Arbeiten dauert bis in die zweite Jahres­hälfte 2020.

Parallel fanden im Kraft­werk Wernisberg ebenfalls Sanierungs­arbeiten statt. Was tat ebs da? Und wie wirkt sich das für die Strom­kunden aus?

Zur Ausführung der Arbeiten an der Stau­mauer im Schlattli musste der See im Selgis komplett entleert werden. Die Gelegen­heit haben wir genutzt, um an den weiteren Anlagen bis zum Kraft­werk – beispiels­weise Druck­stollen, Schräg­schacht, Drossel­klappen und Kugel­schieber – Revisions­arbeiten durch­zu­führen. Diese Arbeiten bewirken, dass unsere Kraft­werks­anlagen auch die nächsten Jahre zuver­lässig und sicher einheimischen, erneuer­baren und CO2-neutralen Strom aus Wasser­kraft für unsere Kunden produzieren können.

Weshalb braucht es diese bessere Anbindung?

Eine zuver­lässige und sichere Strom­versorgung ist nicht nur das Rück­grat unserer Wirt­schaft, sondern auch für unser all­tägliches Leben elementar. ebs setzt alles daran, die Ver­sorgungs­sicher­heit nicht nur aufrecht­zuhalten, sondern auch laufend zu verbessern. Eben diese bessere Anbindung erhöht die Ver­sorgungs­sicher­heit und eröffnet uns neue Möglich­keiten, auf Ereignisse besser und flexibler reagieren zu können. Davon profitieren letztlich unsere Kunden.

Bis 2027 müssen die Schweizer Energie­versorger bisherige Strom­zähler durch so genannte Smart Meter ersetzen. Diese sind nicht nur intel­ligenter, sondern auch digital vernetzt. Liegt man im Zeitplan?

Ja, definitiv. Bei verschiedenen Kunden­gruppen, insbesondere solchen mit Eigen­produktions- und Spezial­anlagen oder hohem Strom­bedarf, werden Smart Meter bereits ein­gesetzt. Der sogenannte Roll­out für den Ersatz aller Zähler – also auch jener der Privat­haushalte – ist in Vorbereitung. In der ersten Hälfte 2020 werden wir die Lieferung dieser Zähler und Systeme aus­schreiben.

Was bringt ein Smart Meter dem ebs-Kunden?

In Zukunft können Kundinnen und Kunden ihre aktuellen Verbrauchs­daten jederzeit online einsehen. Das Ablesen des Strom­verbrauchs ist für uns somit auch aus der Ferne möglich, länger­fristig ist also kein manuelles Ablesen vor Ort mehr notwendig. Die Rahmen­bedingungen für den liberalen Strom­markt werden erfüllt.

Intelligente Systeme sind auch die öffent­lichen Strom­tank­stellen, welche ebs an 16 Standorten im Versorgungs­gebiet erstellt hat. Was steht für 2020 an?

Wir werden unsere Lade­lösung für Tief­garagen, welche das intelligente Laden von bis zu 30 Elektro­autos auch mit wenig vorhandenen Instal­lations­reserven ermöglicht, weiter ausbauen. Ebenfalls haben wir neu eine praktische Lade­lösung für E-Bikes im Angebot, wovon Unter­nehmen und Gemeinden profitieren können.

«Neu haben wir eine prak­tische Lade­lösung für E-Bikes im Angebot.»

ebs hat im letzten Oktober eigene Mobile-Abos lanciert. Macht die Strom­produzentin neu den nationalen Tele­kom­unternehmen Konkurrenz?

Strom­produktion und -verteilung gehören zu unseren Kern­aufgaben. Als modernes Energie­dienst­leistungs­unter­nehmen bieten wir unseren Kunden allerdings umfassende Leistungen, darunter verstehen wir eine Kombination von Energie und Kommunikation. Somit war die Einführung der Mobile-Abos nichts anderes als eine sinn­volle Ergänzung unseres bestehenden Angebotes an Kommunikations­produkten.

Inwiefern erachten Sie das Mobile-Angebot als sinnvolle Ergänzung?

Das heutige Gesellschafts­leben ist sehr stark mit dem Smartphone verbunden. Also bieten wir unseren Kunden diese Möglich­keit auch über das ebs-Netz an. Getreu unserem Leitspruch: wir vernetzen die Region.

Mit ebs können Kunden immer schneller im Internet surfen. Möglich macht dies die Glas­faser­technologie, auch FTTH (fibre to the home) genannt. Wo können die Kunden schon heute von dieser neuen Technologie profitieren?

ebs nutzt die Glas­faser­technologie selbst schon und baut das Netz nun vermehrt für seine Kunden aus. Aktuell können unsere Kunden in Aufiberg, in Ried-Muotathal und bald in Illgau von den schnellen Kommunikations­leist­ungen profitieren. Hinzu kommen neue Über­bauungen wie die Magdalena in Rickenbach oder der Hof in Ibach. Es ist geplant, in den nächsten Jahren das Netz gebiets­weise vollständig auf FTTH umzurüsten.